Kinder, die bei Wind und Wetter draußen spielen? Die Vorbehalte gegen einen Waldkindergarten waren groß, als der Verein Araneus 2011 mit seinem ersten Waldkindergarten in Mühlacker startete. Das hat sich geändert: Viele Eltern wünschen sich mittlerweile einen Kindergartenplatz draußen in der Natur, so dass es Pläne für einen weiteren Naturkindergarten in der Senderstadt gibt.
Konzentriert steht Elias mit seinen Buddelhosen am Herd und backt Kuchen. Vielleicht noch etwas Zucker? Er nimmt die Schaufel und schüttet in der Matschküche eine weitere Ladung Erde in den flüssigen „Teig“. Das Wasser dazu hat er beim letzten Regen gesammelt.
Elias backt einen „Schokoladen-Kuchen“, den isst er am liebsten. Seine Matschküche steht auf einer Wiese am Lienzinger Trinkwald zwischen Mühlacker und Lienzingen. Dort hat Araneus, ein Verein für Umweltbildung und Naturerfahrung, 2011 seinen ersten Waldkindergarten „Kleine Dachse“ für 30 Kinder eröffnet.
Seit Herbst 2020 betreibt der Verein zudem einen Waldkindergarten in Maulbronn und in Illingen mit je 20 Plätzen. Im September 2021 folgt der Naturkindergarten auf dem Senderareal.
„Der Bedarf ist da“, sagt Einrichtungsleiterin Sabine Pörner und berichtet von Anfragen auch von außerhalb der Stadt und von Familien, die nach Mühlacker ziehen wollen. Ein Waldkindergarten sei ein attraktiver „weicher Standortfaktor“ für eine Gemeinde. Auch sei der Kindergarten schnell einzurichten, die Kommune spare sich die Kosten für ein teures Gebäude, da man als Unterkunft lediglich Schutzhütten benötige.
Elias backt einen Schokoladenkuchen.
Im Sauseschritt unterwegs: Simon balanciert im selbst gebauten Parcours.
In den vergangenen Frosttagen waren die Kinder der Notbetreuungsgruppen der „Kleinen Dachse“ in die Naturschule Stromberg umgezogen. Doch jetzt, wenn es die Witterung wieder zulässt, sind die Kinder morgens pünktlich um 8 Uhr da. Vom Parkplatz aus geht es dann zunächst zu Fuß zu ihrem Platz am Waldrand. Auf das Freispiel folgten der Morgenkreis und das Frühstück. Der Tag ist strukturiert und die Vorschulkinder werden wie in anderen Kindergärten auf den Schulbesuch vorbereitet, betont Sabine Pörner.
Indes lernen die Kinder vom Waldkindergarten nicht nur mit der Schere und dem Stift umzugehen. Den Schnitz-Führerschein in der wasserdichten Hosentasche schnitzen sie sich einen Löffel oder helfen als kleine Handwerker auch mal beim Bau eines Vogelhäuschens. Demnächst startet die Gruppe mit den Gartenarbeiten, erzählt Sabine Pörner während Simon über Baumstämme und Paletten balanciert.
Bewusst setzt man auf nicht vorgefertigtes Spielzeug. Anregungen zum Spielen finden die Kinder in der Natur. Die Matschküche haben die Eltern bei einem Arbeitseinsatz ebenfalls aus Paletten selbst gebaut, auch beim Bau der Komposttoilette haben sie geholfen.
Die Mütter und Väter bringen am Vormittag auch das Wasser zum Händewaschen mit. Einen Wasseranschluss gibt es hier ebenso wenig wie einen Stromanschluss.
Erzieherin Kerstin Bannert kocht mit den Kindern.
Stattdessen brodelt der Topf auf dem Feuer. Heute ist Kochtag und Erzieherin Kerstin Bannert bereitet mit einigen Kindern das Essen vor. Es gibt Kartoffeln mit Kräuterquark. Wegen der Pandemie muss das gemeinsame Kochen reduziert werden, die Mädchen und Jungen können nicht so viel helfen wie üblich.
Corona hat auch hier draußen Einfluss auf das Kindergartenleben genommen. In den vergangenen Wochen war eine Notbetreuung eingerichtet gewesen auch wenn jetzt der Normalbetrieb wieder startet, werden Hygienekonzepte eingehalten, wie Sabine Pörner betont. So finden keine gruppenübergreifenden Arbeiten statt und es gibt feste Erzieherinnen-Teams.
Erzieherin Kerstin Bannert, die an diesem Vormittag die Gruppe gemeinsam mit Tamara Hauser betreut, hat sich bewusst für einen Arbeitsplatz inmitten der Natur entschieden. Für sie gibt es keinen wertvolleren pädagogischen Ort, sagt sie und verteilt gemeinsam mit Simon den Quark in den Schälchen. Gleich gibt es Mittagessen.
Seit 2011 fühlen sich „Die kleinen Dachse“ im Waldkindergarten in Mühlacker wohl.
Vor dem Essen Hände waschen nicht vergessen … Erzieherin Tamara Hauser und Einrichtungsleiterin Sabine Pörner (stehend) sorgen für das Wasser.
Fotos: Stahlfeld