Es ist eine dieser Geschichten, die man sich in Zukunft immer wieder erzählen wird. Damals, als Dieter Eberle, Jürgen Fegert, Thomas Knapp, Steffen Ritter und Hans-Bernd Weiner den Sender von Mühlacker retteten, wird es in der Erinnerung heißen. Etliche Monate sind seitdem vergangen. Es hat sich vieles getan und wieder gibt es einiges zu erzählen. Dieter Eberle war zum Zeitpunkt des Gesprächs in Urlaub.

Es ist nun schon einige Zeit her, als Sie sozusagen auf den letzten Drücker den Sender vor dem Abriss bewahrten. Was waren im Rückblick die für Sie besonders spannenden Momente?

Thomas Knapp: „Ich bin nach wie vor davon fasziniert, dass von unserem ersten Treffen bis zur Unterschrift unter den Kaufvertrag gerade mal acht Tage vergingen. Dazwischen haben wir die Finanzierung gesichert und alle rechtlichen Dinge geregelt.

Steffen Ritter: Ja, von der Stadtverwaltung wurde uns mitgeteilt, dass ein Kauf nicht möglich ist, 24 Stunden später hieß es, der SWR sei gesprächsbereit. Es stand alles auf der Kippe.

Hans-Bernd Weiner: Das stimmt, die Situation war richtig aussichtslos. Jürgen Fegert, Dieter Eberle und ich sind Mitglieder des Fördervereins und uns war klar, dass den Sender nur Hilfe von außen retten kann. Ja und dann kam der Anruf von Thomas Knapp. Wir müssen den Sender kaufen, sagte er zu mir.

Jürgen Fegert: Da war der Sprengmeister schon vor Ort gewesen. Die Vorbereitungen für die Sprengung liefen also bereits auf Hochtouren. Das Wäldle war bereits gerodet und die Wasserleitung wurde vorbereitet für die Abschaltung. Auch die großräumigen Absperrungen waren schon geplant.

Der Kauf ist wohl die eine Sache. Sehe ich das richtig, dass damit die Arbeit erst begonnen hat?

Jürgen Fegert: Das stimmt. Wir mussten uns umgehend um die Spannschlösser kümmern.

Thomas Knapp: Und es ist uns gelungen, diese innerhalb von fünf Wochen tauschen zu lassen.

Hans-Bernd Weiner: Das war wichtig, weil wir persönlich die Haftung übernommen haben. Noch aus dem Rundfunkhaus haben wir die Versicherung angerufen und ein Angebot bekommen.

Steffen Ritter: Wir haben sofort den Sendemast versichert.

Welche weiteren Aufgaben stellten sich?

Jürgen Fegert: Es war Vertragsinhalt, dass der SWR ein Jahr mietfrei die große Halle und das Bürogebäude nutzen kann. Damit fehlten wesentliche Einnahmen und wir mussten uns überlegen, wie wir uns durchschlagen und wie wir die laufenden Kosten stemmen können.

Thomas Knapp: Zudem mussten wir grundsätzlich überlegen, was wir mit einer Fläche von sieben Hektar machen. Wir brauchten eine Konzeption. Dabei ging es auch um die Frage, was zur Stadt Mühlacker passt. Und nicht ganz unwichtig: Wir überlegten, wie wir das Geld zum Erhalt des Senders erwirtschaften können.

Steffen Ritter: Dazu haben wir auch die gemeinnützige Gesellschaft Wahrzeichen Sender gegründet. Die Leute können Spenden und bekommen eine Spendenbescheinigung.

Hans-Bernd Weiner: Und wir haben allen bisherigen Spendern mitgeteilt, dass Sie, sobald es Corona zulässt, als eine der Ersten eine Führung über das Sendergelände, durch die Hallen und zum ziemlich beeindruckenden Fuß des Senders bekommen. Bislang war das Gelände ja wie Fort Knox hermetisch abgeriegelt.

Die Führung geht an den Fuß des Senders. Dürfen Interessierte eines Tages auch hoch?

Thomas Knapp: Da sind wir noch am Abklären.

Steffen Ritter: Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten, den Blick von oben vom Sender zu erleben. Wir klären gerade, ob es möglich ist, an der Mastspitze eine Webcam zu installieren.

Jürgen Fegert: Bei günstigen Wetterverhältnissen kann man dann bis zum Schwarzwald und den Vogesen sehen.

Hans-Bernd-Weiner: Die Bilder werden dann auf unserer Homepage zu sehen sein.

Sie sagten, die künftige Nutzung des Areals soll auch zu Mühlacker passen. Was also passt Ihrer Meinung nach zu Mühlacker?

Jürgen Fegert: Da passt zum einen der Verein Sender City, deren DJ’s „senden“ aus der ehemaligen Senderzentrale ihre Freitag-Abend-Partys live im Internet als Stream.

Thomas Knapp: Es gibt einen alten SWR-Film in dem mein Vater, der damalige Oberbürgermeister Gerhard Knapp zitiert wird. Er sagte damals, dass wenn es den SWR nicht geben würde, das Senderareal ein natürliches Entwicklungsgebiet für Wohnbebauung wäre. Diesen Gedanken haben wir aufgegriffen und planen mit einer Tiny-Haus-Siedlung eine moderne Wohnform.

Hans-Bernd Weiner: Wir wollen aber keinen Edel-Campingplatz sondern eine Wohnsiedlung. Die Bewohner sollen in Mühlacker ihren ersten Wohnsitz haben.

Steffen Ritter: Das hätte dann auch finanzielle Vorteile für die Stadt.

Unter einem Kulturdenkmal entsteht also modernes Leben?

Thomas Knapp: Ja das kann man so sehen. Denn neben der Tiny-Haus-Siedlung wird es auf dem Senderareal einen Naturkindergarten geben. Wir haben den Bauantrag für das Holzhaus eingereicht. Der Kindergarten von Araneus und der Stadt Mühlacker wird im September in Betrieb gehen.

Steffen Ritter: Hinzu kommt unser geplantes Eventgelände für Messen und Ausstellungen. Das soll sich im südöstlichen Bereich befinden, so dass es die Wohnbebauung nicht stört. Voraussetzung für alles ist der Bebauungsplan, den wir in spätestens einer Woche bei der Stadtverwaltung Mühlacker einreichen.

Jürgen Fegert: Zudem hat der SWR die große Halle und das Bürogebäude gemietet, so konnten auch Arbeitsplätze vor Ort erhalten bleiben.

Hans-Bernd Weiner: Wir wollen der Bevölkerung aber noch viel mehr bieten!

Und worauf dürfen sich die Menschen in Mühlacker und der Region freuen?

Hans-Bernd Weiner: Wir befassen uns auch mit der Idee, ein Museum mit Bewirtung zu eröffnen. Idealerweise bestünde das Museumsgebäude aus der ehemaligen Zimmerei Maunz in der Rappstraße. Das Gebäude ist aus den Balken des ehemaligen Holzsenders gebaut, aus kanadischer Pechkiefer. Unsere Vision ist, dieses Gebäude umzuziehen.

Und was gibt es in diesem Museum zu sehen?

Hans-Bernd Weiner: Uns stehen rund 350 Radios von Sammlern und zirka 30 Radios vom Förderverein Sender Mühlacker e.V. zur Verfügung. Hinzu kommen etliche Exponate vom Sender wie Röhren, Messgeräte, Spulen von der alten Sendeanlage, Antennen und vieles mehr.

Jürgen Fegert: Auch die alten Pardunen und Spannschlösser könnte man zeigen. Das Landesdenkmalamt hat uns dazu aufgefordert, einige Teile aufzubewahren.

Steffen Ritter: Wechselausstellungen wären möglich. Man könnte auch andere Sammlungen zeigen. Erste Anfragen liegen schon vor.

Thomas Knapp: Am Ende könnte man sogar ein kleines Künstlerviertel für die lokalen Kulturschaffenden gestalten. Auch das wird angedacht.

Es bleibt also in jedem Fall spannend! Die Bevölkerung von Mühlacker und darüber hinaus kann sich schon mal freuen!

Jürgen Fegert: Auf jeden Fall, wir wollen das Gelände so gestalten, dass es das Leben in der Stadt bereichert.

Steffen Ritter: Dazu müssen wir auch wirtschaftlich denken und handeln um nicht zuletzt den Erhalt des Senders finanzieren zu können.

Thomas Knapp: Schließlich ist der Sender nicht umsonst das Wahrzeichen von Mühlacker und für viele ein Stück Heimat.